12-22-2025, 08:13 PM
Mit 19 Jahren wusste Uwe Rösler bereits, dass er mal Trainer werden will. Das verrät er im ersten Teil eines offenen Interviews.
Es waren wertschätzende Worte, die Christian Eichner an Uwe Rösler richtete. „Es passt wie Decke auf Topf hier mit Uwe beim VfL“, sagte der Trainer des Karlsruher SC nach dem 2:2 zum Jahresabschluss am vergangenen Samstag. Da war es gut zweieinhalb Monate her, als Rösler auf dem Podium saß und sich beim VfL Bochum als neuer Trainer vorstellte. Seitdem hat er der Mannschaft und auch dem Verein neues Leben eingehaucht, hat sein Team trotz eines katastrophalen Saisonstarts zur Winterpause auf den zehnten Tabellenplatz geführt. Rösler kommt an der Castroper Straße an. Mit seinem Verständnis von Fußball, mit seiner Art.
„Ich bin der Uwe“, so stellte sich Rösler Anfang Oktober in Bochum vor. Der persönliche Kontakt, ein offener und wertschätzender Umgang – das ist dem 57-Jährigen wichtig. Das war auch im Gespräch zu spüren, für das er sich kurz vor den Weihnachtstagen Zeit nahm, als um ihn herum die hektischen Vorbereitungen für den Jahresabschluss liefen. Aus diesem Grund verzichten wir auf das sonst bei Interviews übliche „Sie“. Es würde nicht zu Rösler passen.
Im ersten Teil des Interviews spricht er offen über seinen persönlichen Werdegang, warum er auch in der Zeit mit der Familie nicht aus der Haut des Trainers kommt und wann für ihn klar war, dass er einmal Trainer werden würde. Im zweiten Teil spricht er über den VfL Bochum, Wünsche für den Kader und warum er Bochum so gut findet.
Uwe, die Weihnachtspause ist kurz. Kannst Du trotzdem abschalten nach intensiven Wochen beim VfL Bochum?
Mit meiner Familie schon. Vor allem jetzt an den Feiertagen, weil wir uns die meiste Zeit im Jahr nicht häufig sehen. Generell wird mich der Fußball aber immer begleiten. Auch in Phasen, in denen ich nicht arbeite. Fußball wird immer eine Rolle für mich spielen.
Was bedeutet Weihnachten für dich?
In erster Linie Familie. Meine Familie ist überall verteilt und wir kommen nun alle auf Mallorca zusammen. Als Spieler und Trainer habe ich einen Großteil meiner Karriere in England verbracht. Da stand der Fußball immer im Vordergrund, weil wir durchspielten. Auch heute noch ist der englische Fußball für mich interessant und die Fernsehzeiten an den Feiertagen sind gesetzt (lacht). Bis wir wieder anfangen, habe ich mir sicher einige Spiele angeguckt.
Dein Sohn Colin (25) ist Profi in Malmö. Bist du an den Feiertagen in der Rolle des Vaters oder des Trainers?
Ich ertappe mich manchmal dabei, mehr Trainer als Vater zu sein. Meine Frau weist mich dann schnell darauf hin, und ich bemühe mich sehr, dass es andersherum ist. Aber ich sehe alle seine Spiele und wir gehen da in die Spielanalyse. Wie verteidigt er den Strafraum, welche Läufe macht er? Das sind allerdings keine Themen am Weihnachtstisch. Aber wenn wir Golf spielen, sprechen wir darüber. Er fragt mich auch.
Es ging bei dir also schon immer nur um Fußball. Welche Zeit hat dich besonders geprägt?
Die Zeit an der Kinder- und Jugendsportschule in der DDR. Ins Internat bin ich mit elf Jahren gekommen. Ohne diese Ausbildung und Förderung hätte ich in meiner Karriere nichts erreicht. Ich war privilegiert. Es war nicht alles schlecht im Osten, vor allem die Talentförderung im Leistungssport war top. Jahrzehnte danach wurden in der Bundesrepublik Leistungszentren aufgebaut – die hatten wir bereits. Die Schule wurde an das Trainingsprogramm angepasst, es gab spezielles Training. Im Fußballbereich hatten wir auch Turnen oder Handball. Wir haben uns immer als Kollektiv verstanden, wenngleich das für uns in der Nationalmannschaft ein Nachteil war.
Was war abseits des Fußballs prägend?
Dass ich meine Frau Cecilie getroffen habe. Ich kann von Glück sagen, dass meine Frau all das mitmacht, was zum Fußball für mich dazugehört. Die Zugeständnisse, die sie machen muss, macht nicht jede Frau mit. Wir sind so viel umgezogen, waren immer auf uns selbst angewiesen. Wir stehen als Familie sehr eng zusammen. Meine Frau hat viel zurückstecken müssen, hatte aber alles im Griff: Kinder, Schule, Haus.
Prägend dürfte auch deine Zeit in England gewesen sein. Immerhin war es in den 90ern nicht üblich, dass deutsche Spiele in der Premier League spielen.
Ich war der erste Deutsche nach 30 Jahren, der dort gespielt und Erfolg gehabt hat. Überhaupt einen Ausländerplatz in einem der Teams zu bekommen, war etwas Besonderes. Das hat mich schon stolz gemacht, dass ich da einen Weg mit ebnen konnte. Als Kind der DDR habe ich viele Spiele von Ost-Klubs gegen englische Mannschaften gesehen. Die Stadien, die Atmosphäre, die Spielweise – das hat mich immer fasziniert. Ich hatte eine Kassette mit Schlachtrufen englischer Fußball-Fans. Die habe ich mir stundenlang angehört. 1994 kam dann das überraschende Angebot.
Am Ende wurdest du eine Legende bei Manchester City, gehörst wie der ehemalige Torhüter Bert Trautmann zur Hall of Fame des Klubs.
Das erfüllt mich mit Stolz. Als ich dahingekommen bin, dachte ich mir schon, dass es funktionieren könnte. Sie waren Deutschen gegenüber wohlgesonnen durch Bert. Als Deutscher in England zu spielen, war auch in den 90ern nicht leicht, bei Fans oder Medien hatte man oft einen schweren Stand. Die Verantwortlichen von City haben mir aber immer eine Chance gegeben und ich bin in ein Konzept gekommen, was super zu mir gepasst hat. Ich wurde als Stürmer gut eingesetzt. Und ich höre zu – zumindest, wenn es um Fußball geht (lacht). Ich habe immer alles gegeben, war nie das größte Talent, habe mir alles hart erarbeitet. Das hat perfekt zum damaligen Arbeiterklub ManCity gepasst.
In die gesamtdeutsche Nationalmannschaft hat es für dich trotzdem nicht gereicht. Ärgert dich das?
Nein. Guckt euch doch nur mal an, welche Konkurrenz ich hatte: Rudi Völler, Jürgen Klinsmann, Karl-Heinz Riedle, Oliver Bierhoff, Fredi Bobic, Stefan Kuntz – soll ich weitermachen? Ich hatte keine Chance, das muss ich ehrlich anerkennen. Aber in meiner besten Zeit in England war ich nah dran.
Wann war für dich klar, dass du nach deiner Karriere Trainer werden würdest?
Schon mit 19 Jahren! Überspitzt gesagt, kann ich nichts anderes als Fußball (lacht). Ich habe vor der Wende ein Studium zum Diplomsportlehrer angefangen, aber nicht abgeschlossen. Ich habe mich für den Profifußball entschieden. Mein ganzes Berufsleben war nur Fußball – und es macht mir immer noch Freude.
Als Trainer hast du in Norwegen begonnen, wo du auch deine aktive Karriere beendet hattest. Warum dort?
Als ich in Unterhaching war, kam ein Angebot von Lilleström SK und ich habe meiner norwegischen Frau gesagt: Es ist nur fair, wenn wir nach acht Jahren, die sie mir hinterhergereist ist, nun in ihr Heimatland gehen. Und in Norwegen wurde guter Fußball gespielt. Die hatten damals rund 80 Spieler in der Premier League! Dann bin ich dort Trainer geworden, weil ich mir dachte, dass das Scouting und der Fußball mir dort Chancen bieten würden. Mein Ziel war aber immer England. Meiner Meinung nach muss man sich auch als Trainer nach oben arbeiten, um eine Berechtigung zu haben, in den obersten Klassen arbeiten zu dürfen. Heute denken viele, dass man als Nachwuchstrainer sofort durchstarten kann.
Nun bist du im Oktober beim VfL Bochum gelandet. Was ging dir durch den Kopf, als die Anfrage kam?
Nach meiner Zeit bei Fortuna Düsseldorf wollte ich es mir und allen in Deutschland noch einmal beweisen. Ich bin auch heute noch der Meinung, dass ich mir damals einen neuen Vertrag verdient gehabt hätte. Ich habe die Entscheidung des Vereins respektiert, aber ich war hier in Deutschland noch nicht fertig. Nachdem ich nicht mehr Trainer in Aarhus (in Dänemark, die Redaktion) war, war der deutsche Markt für mich sehr interessant. Als die Anfrage kam, habe ich mir den Kader angeguckt, mir Aufnahmen vom Spiel gegen Fortuna Düsseldorf besorgt, das Spiel gegen Lautern gesehen und dann war klar: Ich mache es.
Quelle: WAZ.de
Es waren wertschätzende Worte, die Christian Eichner an Uwe Rösler richtete. „Es passt wie Decke auf Topf hier mit Uwe beim VfL“, sagte der Trainer des Karlsruher SC nach dem 2:2 zum Jahresabschluss am vergangenen Samstag. Da war es gut zweieinhalb Monate her, als Rösler auf dem Podium saß und sich beim VfL Bochum als neuer Trainer vorstellte. Seitdem hat er der Mannschaft und auch dem Verein neues Leben eingehaucht, hat sein Team trotz eines katastrophalen Saisonstarts zur Winterpause auf den zehnten Tabellenplatz geführt. Rösler kommt an der Castroper Straße an. Mit seinem Verständnis von Fußball, mit seiner Art.
„Ich bin der Uwe“, so stellte sich Rösler Anfang Oktober in Bochum vor. Der persönliche Kontakt, ein offener und wertschätzender Umgang – das ist dem 57-Jährigen wichtig. Das war auch im Gespräch zu spüren, für das er sich kurz vor den Weihnachtstagen Zeit nahm, als um ihn herum die hektischen Vorbereitungen für den Jahresabschluss liefen. Aus diesem Grund verzichten wir auf das sonst bei Interviews übliche „Sie“. Es würde nicht zu Rösler passen.
Im ersten Teil des Interviews spricht er offen über seinen persönlichen Werdegang, warum er auch in der Zeit mit der Familie nicht aus der Haut des Trainers kommt und wann für ihn klar war, dass er einmal Trainer werden würde. Im zweiten Teil spricht er über den VfL Bochum, Wünsche für den Kader und warum er Bochum so gut findet.
Uwe, die Weihnachtspause ist kurz. Kannst Du trotzdem abschalten nach intensiven Wochen beim VfL Bochum?
Mit meiner Familie schon. Vor allem jetzt an den Feiertagen, weil wir uns die meiste Zeit im Jahr nicht häufig sehen. Generell wird mich der Fußball aber immer begleiten. Auch in Phasen, in denen ich nicht arbeite. Fußball wird immer eine Rolle für mich spielen.
Was bedeutet Weihnachten für dich?
In erster Linie Familie. Meine Familie ist überall verteilt und wir kommen nun alle auf Mallorca zusammen. Als Spieler und Trainer habe ich einen Großteil meiner Karriere in England verbracht. Da stand der Fußball immer im Vordergrund, weil wir durchspielten. Auch heute noch ist der englische Fußball für mich interessant und die Fernsehzeiten an den Feiertagen sind gesetzt (lacht). Bis wir wieder anfangen, habe ich mir sicher einige Spiele angeguckt.
Dein Sohn Colin (25) ist Profi in Malmö. Bist du an den Feiertagen in der Rolle des Vaters oder des Trainers?
Ich ertappe mich manchmal dabei, mehr Trainer als Vater zu sein. Meine Frau weist mich dann schnell darauf hin, und ich bemühe mich sehr, dass es andersherum ist. Aber ich sehe alle seine Spiele und wir gehen da in die Spielanalyse. Wie verteidigt er den Strafraum, welche Läufe macht er? Das sind allerdings keine Themen am Weihnachtstisch. Aber wenn wir Golf spielen, sprechen wir darüber. Er fragt mich auch.
Es ging bei dir also schon immer nur um Fußball. Welche Zeit hat dich besonders geprägt?
Die Zeit an der Kinder- und Jugendsportschule in der DDR. Ins Internat bin ich mit elf Jahren gekommen. Ohne diese Ausbildung und Förderung hätte ich in meiner Karriere nichts erreicht. Ich war privilegiert. Es war nicht alles schlecht im Osten, vor allem die Talentförderung im Leistungssport war top. Jahrzehnte danach wurden in der Bundesrepublik Leistungszentren aufgebaut – die hatten wir bereits. Die Schule wurde an das Trainingsprogramm angepasst, es gab spezielles Training. Im Fußballbereich hatten wir auch Turnen oder Handball. Wir haben uns immer als Kollektiv verstanden, wenngleich das für uns in der Nationalmannschaft ein Nachteil war.
Was war abseits des Fußballs prägend?
Dass ich meine Frau Cecilie getroffen habe. Ich kann von Glück sagen, dass meine Frau all das mitmacht, was zum Fußball für mich dazugehört. Die Zugeständnisse, die sie machen muss, macht nicht jede Frau mit. Wir sind so viel umgezogen, waren immer auf uns selbst angewiesen. Wir stehen als Familie sehr eng zusammen. Meine Frau hat viel zurückstecken müssen, hatte aber alles im Griff: Kinder, Schule, Haus.
Prägend dürfte auch deine Zeit in England gewesen sein. Immerhin war es in den 90ern nicht üblich, dass deutsche Spiele in der Premier League spielen.
Ich war der erste Deutsche nach 30 Jahren, der dort gespielt und Erfolg gehabt hat. Überhaupt einen Ausländerplatz in einem der Teams zu bekommen, war etwas Besonderes. Das hat mich schon stolz gemacht, dass ich da einen Weg mit ebnen konnte. Als Kind der DDR habe ich viele Spiele von Ost-Klubs gegen englische Mannschaften gesehen. Die Stadien, die Atmosphäre, die Spielweise – das hat mich immer fasziniert. Ich hatte eine Kassette mit Schlachtrufen englischer Fußball-Fans. Die habe ich mir stundenlang angehört. 1994 kam dann das überraschende Angebot.
Am Ende wurdest du eine Legende bei Manchester City, gehörst wie der ehemalige Torhüter Bert Trautmann zur Hall of Fame des Klubs.
Das erfüllt mich mit Stolz. Als ich dahingekommen bin, dachte ich mir schon, dass es funktionieren könnte. Sie waren Deutschen gegenüber wohlgesonnen durch Bert. Als Deutscher in England zu spielen, war auch in den 90ern nicht leicht, bei Fans oder Medien hatte man oft einen schweren Stand. Die Verantwortlichen von City haben mir aber immer eine Chance gegeben und ich bin in ein Konzept gekommen, was super zu mir gepasst hat. Ich wurde als Stürmer gut eingesetzt. Und ich höre zu – zumindest, wenn es um Fußball geht (lacht). Ich habe immer alles gegeben, war nie das größte Talent, habe mir alles hart erarbeitet. Das hat perfekt zum damaligen Arbeiterklub ManCity gepasst.
In die gesamtdeutsche Nationalmannschaft hat es für dich trotzdem nicht gereicht. Ärgert dich das?
Nein. Guckt euch doch nur mal an, welche Konkurrenz ich hatte: Rudi Völler, Jürgen Klinsmann, Karl-Heinz Riedle, Oliver Bierhoff, Fredi Bobic, Stefan Kuntz – soll ich weitermachen? Ich hatte keine Chance, das muss ich ehrlich anerkennen. Aber in meiner besten Zeit in England war ich nah dran.
Wann war für dich klar, dass du nach deiner Karriere Trainer werden würdest?
Schon mit 19 Jahren! Überspitzt gesagt, kann ich nichts anderes als Fußball (lacht). Ich habe vor der Wende ein Studium zum Diplomsportlehrer angefangen, aber nicht abgeschlossen. Ich habe mich für den Profifußball entschieden. Mein ganzes Berufsleben war nur Fußball – und es macht mir immer noch Freude.
Als Trainer hast du in Norwegen begonnen, wo du auch deine aktive Karriere beendet hattest. Warum dort?
Als ich in Unterhaching war, kam ein Angebot von Lilleström SK und ich habe meiner norwegischen Frau gesagt: Es ist nur fair, wenn wir nach acht Jahren, die sie mir hinterhergereist ist, nun in ihr Heimatland gehen. Und in Norwegen wurde guter Fußball gespielt. Die hatten damals rund 80 Spieler in der Premier League! Dann bin ich dort Trainer geworden, weil ich mir dachte, dass das Scouting und der Fußball mir dort Chancen bieten würden. Mein Ziel war aber immer England. Meiner Meinung nach muss man sich auch als Trainer nach oben arbeiten, um eine Berechtigung zu haben, in den obersten Klassen arbeiten zu dürfen. Heute denken viele, dass man als Nachwuchstrainer sofort durchstarten kann.
Nun bist du im Oktober beim VfL Bochum gelandet. Was ging dir durch den Kopf, als die Anfrage kam?
Nach meiner Zeit bei Fortuna Düsseldorf wollte ich es mir und allen in Deutschland noch einmal beweisen. Ich bin auch heute noch der Meinung, dass ich mir damals einen neuen Vertrag verdient gehabt hätte. Ich habe die Entscheidung des Vereins respektiert, aber ich war hier in Deutschland noch nicht fertig. Nachdem ich nicht mehr Trainer in Aarhus (in Dänemark, die Redaktion) war, war der deutsche Markt für mich sehr interessant. Als die Anfrage kam, habe ich mir den Kader angeguckt, mir Aufnahmen vom Spiel gegen Fortuna Düsseldorf besorgt, das Spiel gegen Lautern gesehen und dann war klar: Ich mache es.
Quelle: WAZ.de
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."